„Die Erwartung, dass es mit der Rücknahme der Maßnahmen allen Unternehmen wieder gut geht, wäre trügerisch“, erklärt Rechtsanwältin Dr. Anne Deike Riewe, stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft. „Viele Vertragspartner, die in den letzten Monaten zu Stundungen bereit waren oder ihre Forderungen jedenfalls nicht nachdrücklich verfolgt haben, werden ihr Verhalten nun auch ändern und mehr Druck ausüben.“ Zugleich würden weiter bestehende Beschränkungen wie die Notwendigkeit von Hygienekonzepten, aber auch Schwierigkeiten in den Lieferketten oder bei der Neugewinnung von Personal die Umsatz- und Gewinnaussichten vieler Unternehmen noch trüben.
„Für viele Unternehmen wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen, ob und wie sie diese Krise überstehen können“, so Riewe. Gerade mit Blick auf bestehende Schulden sei es wichtig, diese jetzt nicht zu vernachlässigen, sondern realistisch zu betrachten und eine zukunftsfähige Lösung zu entwickeln. Dabei sei zunächst zu beachten, dass die Insolvenzantragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit wie auch bei insolvenzrechtlicher Überschuldung seit dem 1. Mai 2021 wieder uneingeschränkt gelte. „Im eigenen Interesse sollten sich Unternehmer und Geschäftsleiter mit ihrer aktuellen finanziellen Situation kritisch auseinandersetzen und sich gegebenenfalls proaktiv darum kümmern, Lösungen mit ihren Gläubigern zu finden, bevor diese Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergreifen“, erklärt Susanne Eva Dörrwand, Geschäftsführerin der IHK Magdeburg. Verhandlungslösungen seien in aller Regel im Interesse beider Seiten.
Sind allerdings die bestehenden Belastungen aus Schulden oder auch aus heutiger Perspektive nachteiligen Vertragsverhältnissen zu hoch oder scheitern Gespräche, bietet das Restrukturierungs- und Insolvenzrecht Ansätze für einen Neustart. „Wichtig ist jedoch, dass diese Instrumente die Redlichkeit des Schuldners voraussetzen“, betont Riewe. „Es wird vom Schuldner erwartet, dass er rechtzeitig handelt und die Interessen der Gläubiger berücksichtigt.“
Vor diesem Hintergrund will die Arbeitsgemeinschaft in einer virtuellen Podiumsdiskussion eine aktuelle Bilanz ziehen: Wie geht es mittelständischen Unternehmen angesichts der staatlichen Hilfsprogramme und rechtlichen Maßnahmen etwa im Mietrecht aktuell? Welche Rolle spielen der Fiskus und die Vermieter für das Überleben der Unternehmen?
Fragen wie diese beleuchtet die von der Arbeitsgemeinschaft organisierte Veranstaltung
„Corona, Fiskus und Vermieter – das Unternehmen zwischen Stunden und Sterben?“
Virtueller Deutscher Anwaltstag
Montag, 7. Juni 2021
11.00 bis 12.30 Uhr.
Für Journalistinnen und Journalisten ist die Teilnahme kostenlos.
Interessierte können sich hier anmelden.
Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist ein Zusammenschluss von über 1.300 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, deren berufliches Interesse sich besonders auf das Insolvenzrecht und die Sanierung von Unternehmen richtet. Die Arbeitsgemeinschaft ist seit November 1999 als Arbeitsgemeinschaft im DAV organisiert. Sie ist bundesweit die größte deutsche Vereinigung von Insolvenzrechts- und Sanierungsexperten. Der Deutsche Insolvenzrechtstag, den die Arbeitsgemeinschaft 2004 ins Leben gerufen hat, ist die größte insolvenzrechtliche Veranstaltung in Europa. Darüber hinaus veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft seit 2012 einmal jährlich den Europäischen Insolvenzrechtstag / European Insolvency & Restructuring Congress (EIRC) in Brüssel.