Pressemitteilung

Nr. 02/21: Insolvenzantragspflichten in der Pandemie: Insolvenzverwalter sehen Gefahr, ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen zu können

– Zahlreiche Unternehmen missachten Voraussetzungen für Aussetzung der Insolvenzantragspflicht –

– Fehlende Planungssicherheit: Unternehmen in Schieflage ohne klare rechtliche Rahmenbedingungen –

Berlin (DAV/AG InsoR). Auch für Insolvenzverwalter und Sanierungsberater haben sich durch die Corona-Krise die Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit massiv verändert. Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV), die heute ihren diesjährigen Insolvenzrechtstag eröffnet, warnt: Die Gefahr besteht, dass Insolvenzverwalter ihre Aufgabe nicht mehr im gebotenen Maße erfüllen können.

Zahlreiche bisher ertragreiche Unternehmen sind in der Krise. Ihr Geschäftsmodell ist gestört, wenn nicht zerbrochen. Die erhebliche Liquiditätsarmut belastet die Situation zusätzlich. Bereits jetzt ist zu vernehmen, dass einzelne Unternehmen auf Vorkasse umstellen. Das ist mikroökonomisch verständlich, volkswirtschaftlich jedoch kritisch. Verschärfend kommt hinzu, dass die Unternehmen keinen sicheren ordnungspolitischen Planungshorizont haben. Sie wissen nicht, wann, unter welchen Voraussetzungen und wie es weitergehen wird.

Nicht wenige Marktteilnehmer verstehen die Aussetzung der Insolvenzantragspflichten und deren Modifikation teilweise nicht oder missachten sie. „Volkswirtschaftlich ist die Lage auch deshalb besorgniserregend, weil der Insolvenzverwalter damit seine
Aufgabe, einerseits Verluste produzierende Unternehmen aus dem Markt zu nehmen, andererseits sanierungsfähige und ertragreiche Einheiten zu restrukturieren, nicht mehr im gebotenen Maße erfüllen kann
, erläutert Rechtsanwalt Jörn Weitzmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft. „Damit droht eine Melange aus sich wechselseitig infizierenden Unternehmen.“

Ohne klare ordnungspolitische Rahmenbedingungen ist es weder dem Unternehmer noch dem Insolvenzverwalter möglich, eine betriebliche Planung aufzusetzen. „Ziel muss sein, die Unsicherheit aus dem Markt zu nehmen. Wir brauchen wieder einen ordnungspolitischen Rahmen, der allen Handelnden Sicherheit gibt, erklärt Weitzmann. Nicht ertragsfähige Unternehmen müssten klar unterschieden werden von solchen, die coronabedingt in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind. Mit Blick auf staatliche Hilfen regt Weitzmann an, dass deren Rückzahlung für erfolgreich wirtschaftende Unternehmen in den gesetzlichen Nachrang rückt. Sie sollten anteilig aus zukünftigen Erträgen befriedigt werden. „Alles andere würde dazu führen, dass die Liquidität aus Neugeschäften geschöpft wird, eine Liquidität, die den anderen Unternehmen fehlt“, betont der Insolvenzrechtler.

 

Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist ein Zusammenschluss von über 1.300 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, deren berufliches Interesse sich besonders auf das Insolvenzrecht und die Sanierung von Unternehmen richtet. Die Arbeitsgemeinschaft ist seit November 1999 als Arbeitsgemeinschaft im DAV organisiert. Sie ist bundesweit die größte deutsche Vereinigung von Insolvenzrechts- und Sanierungsexperten. Der Deutsche Insolvenzrechtstag, den die Arbeitsgemeinschaft 2004 ins Leben gerufen hat, ist die größte insolvenzrechtliche Veranstaltung in Europa. Darüber hinaus veranstaltet die Arbeitsgemeinschaft seit 2012 einmal jährlich den Europäischen Insolvenzrechtstag / European Insolvency & Restructuring Congress (EIRC) in Brüssel.

 

Deutscher Anwaltverein
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