Rundbrief

Nachruf auf Professor Dr. Wilhelm Uhlenbruck

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

am Wochenende hat uns eine traurige Nachricht erreicht: Unser Ehrenmitglied Professor Dr. Wilhelm Uhlenbruck ist verstorben!

Wir danken Rechtsanwältin Marie Luise Graf-Schlicker, dass sie aufgrund ihrer langen Verbundenheit mit Professor Uhlenbruck für uns einen Nachruf verfasst hat:

Nachruf auf Professor Dr. Wilhelm Uhlenbruck

Das Ehrenmitglied unserer ARGE Insolvenzrecht und Sanierung, eine Koryphäe des Insolvenzrechts, Professor Dr. Wilhelm Uhlenbruck, ist tot. Er starb am 29. Juni 2023 im Alter von 92 Jahren.

Wilhelm Uhlenbruck, von Weggefährten kurz Uli genannt, entstammte einer angesehenen Kölner Medizinerfamilie. Er entschied sich aber nicht für diesen Beruf, sondern absolvierte nach dem Abitur zunächst eine kaufmännische Lehre bei der Rheinbraun AG und studierte sodann Rechtswissenschaft an den Universitäten München und Köln. Nach seinem zweiten Staatsexamen im Jahre 1963 trat er in den Richterdienst ein. Einige Jahre später übernahm er die Leitung der Konkursabteilung beim Amtsgericht Köln, die er zu hohem Ansehen führte.

Bundesweite Bekanntheit als Konkurs- und Vergleichsrichter erlangte Wilhelm Uhlenbruck bereits 1974. Damals gelang es ihm, das Vergleichsverfahren der Herstatt-Bank erfolgreich zu beenden und damit vor allem die Einlagen von Privatkunden in erheblichem Umfang zu sichern.

So war es nur konsequent, dass ihn der damalige Bundesjustizminister Jochen Vogel 1978 in die Kommission für Insolvenzrecht berief, die mit ihrer hohen fachlichen Kompetenz grundlegende Weichen für die Insolvenzordnung von 1999 gelegt hat.

Nicht nur auf der Bundesebene, sondern auch bei der Umsetzung der Insolvenzordnung auf Landesebene war der fachliche Rat von Professor Uhlenbruck gefragt. Er gehörte zu den ersten, die das Insolvenzrecht bereits vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung in Simulationsverfahren einer Bewährungsprobe unterzogen und damit entscheidende Impulse für den Umgang mit dem neuen Recht gegeben haben. Frühzeitig hat sich Wilhelm Uhlenbruck für eine starke Konzentration der Insolvenzgerichte sowie die Intensivierung der Fortbildung der Richter- und Rechtspflegerschaft eingesetzt. Dazu hat er mit unzähligen Vorträgen und Diskussionsbeiträgen selbst entscheidend beigetragen.

Es ging ihm aber nicht nur um den Austausch mit seiner eigenen Profession, sondern mit allen am Insolvenzverfahren Beteiligten. Dafür bot ihm der Arbeitskreis für Insolvenz- und Schiedsgerichtswesen e. V., Köln, einer der ersten Arbeitskreise auf diesem Gebiet, das richtige Forum. Fast 30 Jahre lang hatte er dort den Vorsitz in dieser renommierten Institution inne. Legendär sind seine humorvollen Co-Vorträge zu den jeweiligen Referaten des Abends, die zeigten, wie tief seine herausragenden Kenntnisse im Insolvenzrecht in die damit verbundenen Rechtsgebiete eingebettet waren.

Der ARGE Insolvenzrecht & Sanierung war er von Beginn an eng verbunden. Schon auf dem ersten Insolvenzrechtstag 2004 hat er in dem Workshop zur „Rechtsstellung und Pflichten organschaftlicher Vertreter in der Unternehmensinsolvenz“ einen vielbeachteten Impulsvortrag gehalten. Im Jahr 2005 wurde er aufgrund seines überragenden, prägenden Einflusses auf die Entwicklung des Insolvenzrechts zum ersten Ehrenmitglied der ARGE Insolvenzrecht & Sanierung ernannt. Für seinen Vortrag „Insolvenzerfahrung - Rück- und Ausblick“ auf dem 9. Insolvenzrechtstag 2012 erntete er „standing Ovations“.

Der 3. Insolvenzrechtstag 2006 war - nach verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Verwalterauswahl - Ausgangspunkt für die Einberufung der „Uhlenbruck-Kommission“, die sich mit den Qualitätskriterien zur Auswahl von Insolvenzverwaltern und mit der Verbesserung der Kontrolle der Verwalter in den Insolvenzverfahren befassen sollte. Unter der fachkundigen Leitung von Professor Uhlenbruck haben Angehörige der Berufsverbände der Verwalter, der Richter- und Rechtspflegerschaft, des DGB, des Bundesverband Deutscher Banken, des DIHT, der Bundesagentur für Arbeit und des Pensions-Sicherungs-Verein aG diese Themen lebhaft und kontrovers diskutiert. Es ist der geschickten, ausgleichenden Verhandlungsführung von Wilhelm Uhlenbruck zu verdanken, dass praxisnahe Beschlüsse gefasst wurden und einige davon in Überlegungen zu weiteren Insolvenzrechtsreformen einfließen konnten.

Seine wissenschaftlichen Überlegungen im Insolvenzrecht hat Professor Uhlenbruck in mehr als 20 Monographien, zahllosen Aufsätzen, Zeitschriften- und Festschriftbeiträgen sowie seinem Kommentar, der schon zur Konkursordnung und später zur Insolvenzordnung erschienen ist, niedergelegt. Seine Ausführungen sind vielfach geprägt von dem Gedanken, für die insolvenzrechtlichen Fragestellungen praktikable Lösungen zu finden. Die überaus beeindruckende Anzahl von Veröffentlichungen im Konkurs- und Insolvenzrecht zeigt aber nur eine Seite der überwältigenden Schaffenskraft von Wilhelm Uhlenbruck. Unter Insolvenzrechtlerinnen und Insolvenzrechtlern weniger bekannt ist, dass er auch als Doyen des Medizinrechts gilt, wo er unter anderem Mitherausgeber des Handbuchs zum Arzthaftungsrecht ist und zahlreiche wegweisende Beiträge auf diesem Rechtsgebiet veröffentlicht hat.

Wir werden den bereichernden fachlichen und menschlichen Austausch mit unserem Ehrenmitglied sehr vermissen. Wilhelm Uhlenbruck wird uns auch durch sein umfangreiches wissenschaftliches Werk, mit dem er entscheidende Impulse für die Grundlagen und die Weiterentwicklung des Insolvenzrechts gesetzt hat, in lebhafter Erinnerung bleiben.

Mit seiner Familie trauern wir um diesen außergewöhnlichen Menschen!

 

Marie Luise Graf-Schlicker Ehrenmitglied der ARGE Insolvenzrecht & Sanierung im DAV

Dr. Anne Deike Riewe und Dr. Rainer Eckert
Vorsitzende der ARGE Insolvenzrecht & Sanierung im DAV

Berlin, den 06. Juli 2023  

     

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